Mit den Symptomen einer Depression ist niemand allein. „5 Prozent der Menschen in Deutschland leiden derzeit an einer behandlungsbedürftigen Depression“, informierte Prof. Dr. Detlef Dietrich im Rahmen der Patienten-Akademie Alfeld am Mittwoch, 11. Januar, im AMEOS Klinikum Alfeld. Das sind circa 4 Millionen Betroffene. Zudem räumte der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie ein, dass aber nur bei einem Drittel auch eine Depression diagnostiziert sei.

Eine Depression mache sich oft in gesundheitlichen Problemen bemerkbar, bei denen nicht immer gleich an eine psychische Erkrankung gedacht werde. Als Beispiel führte Professor Dietrich dauerhafte Rückenschmerzen an. Um dahinter eine zusätzliche Depression zu erkennen, ist nicht immer einfach. Professor Dietrich ist im AMEOS Klinikum Hildesheim tätig, dort auch als Ärztlicher Direktor verantwortlich, und darüber hinaus überregional als Experte für psychische Erkrankungen geschätzt.

„Von den 4 Millionen Betroffenen werden etwa nur 500.000 nach Leitlinien behandelt“, bilanzierte Professor Dietrich weiter und hob die Bedeutung der Hausärzte als zentrale Ansprechpartner hervor. Sie seien meist das erste Glied in der Versorgungskette depressiver Erkrankungen. Mittlerweile sei gesamtgesellschaftlich die Sensibilisierung für dieses Krankheitsbild fortgeschritten – mit nachhaltigen Erfolgen: Allein zwischen 1990 und 2010 konnte die Anzahl der Suizide halbiert werden.

„Eine Depression kann man oft mit zwei Fragen erfassen“, so Professor Dietrich zu dem zahlreich erschienenem Publikum. „Fühlten Sie sich im letzten Monat häufig niedergeschlagen, traurig, bedrückt oder hoffnungslos? Hatten Sie im letzten Monat deutlich weniger Lust und Freude an Dingen, die Sie sonst gerne tun?“ Wenn diese beiden Fragen bejaht werden, könnte es sich tatsächlich um eine Depression handeln.

Professor Dietrich ging auf die letzten drei Jahre ein, in denen die Corona-Pandemie für viel emotionalen Stress gesorgt und gleichzeitig zu Einsamkeit geführt hat. „Wir verzeichnen eine 25-prozentige Zunahme an Depressionen und Angststörungen“, was der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie neben der Einsamkeit auf die Mehrfachbelastungen und unterschiedlichste Stressoren in der schwierigen Corona-Zeit und nun auch auf die Belastungen durch die Inflation zurückführte. Gerade 14- bis 18-Jährige seien deutlicher von Depression betroffen.

Die Dunkelziffer sei sehr hoch. Da könne es oftmals helfen, dass Patientinnen und Patienten mit einer Selbstdiagnose „Burnout“ zum Arzt gehen, „hinter dieser Überlastungsstörung verbirgt sich sehr oft eine Depression“, weiß der Experte.

Der Verlust von Interesse und der Fähigkeit, Freude zu empfinden sowie eine depressive Stimmung und ein verminderter Antrieb sind Hauptkriterien einer Depression. Dazu kommen beispielsweise Suizidgedanken, negative Zukunftsperspektiven, das Gefühl von Wertlosigkeit, Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Appetitlosigkeit oder ein vermindertes Selbstwertgefühl. Zur Diagnose müssen nur einige Kriterien erfüllt sein.

Professor Dietrich zeigte auf, wie eine Depression behandelt werden kann. Eine Kombination aus medikamentöser Therapie und einer Psychotherapie, sei am wirkungsvollsten und meist sehr nachhaltig. „Moderne Antidepressiva haben weniger Nebenwirkungen“, so der Experte. Und sie würden auch nicht süchtig machen, wie der Ärztliche Direktor des AMEOS Klinikums Alfeld, Dr. Heinrich Rudolf Kosiek, anmerkte. Insbesondere zu diesem Aspekt ergab sich eine rege Diskussion im Anschluss an den Vortrag, wie bei der Patienten-Akademie üblich und auch erwünscht.

Nach dieser ersten Veranstaltung des neu gestarteten Jahresprogramms findet der nächste Vortrag am Mittwoch, den 8. Februar, statt. Sliman Shurbaji, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie im AMEOS Klinikum Alfeld spricht zu dem Thema „Minimalinvasive und Kolorektale Chirurgie“. Die Patienten-Akademie Alfeld ist ein Gemeinschaftsangebot des Vereins der Freunde und Förderer des Alfelder Krankenhauses zusammen mit dem AMEOS Klinikum Alfeld.