Herzrasen und Brustschmerzen, Schwächegefühl und Angstzustände – das sogenannte Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung in Deutschland. Mehr als 15 Prozent der Menschen über 70 sind betroffen. Obwohl Vorhofflimmern nicht direkt lebensgefährlich ist, steigert es das Risiko eines Schlaganfalls gerade bei älteren Menschen deutlich. Herzspezialist PD Dr. Thomas Butz ist Chefarzt der Klinik für Kardiologie und kardiologische Intensivmedizin im AMEOS Klinikum St. Clemens in Oberhausen. Im Interview informiert er über typische Anzeichen von Vorhofflimmern und darüber, was bei akuten Herzrhythmusstörungen zu tun ist.

Herr Dr. Butz, woran erkennen Betroffene, dass sie unter Vorhofflimmern leiden?

Thomas Butz: Oft bemerken Betroffene das überhaupt nicht. Nur rund zwei Drittel der Menschen, die unter Vorhofflimmern leiden, spüren auf irgendeine Weise, dass mit ihrem Herzrhythmus ganz akut etwas nicht stimmt. Typisch ist das unangenehme Gefühl eines rasenden, unregelmäßigen oder holprigen Herzschlags. Weitere Symptome sind Brustschmerzen, Nervosität oder ein Schwächegefühl. Diese spürbare Herzrhythmusstörung kann sich über mehrere Stunden und Tage erstrecken. Betroffene reagieren vor allem beim ersten Erlebnis oft mit Angst, weil sie einen Herzinfarkt befürchten. Nicht selten wird Vorhofflimmern aber eher zufällig entdeckt, etwa beim Blutdruckmessen oder anderen Untersuchungen.

Was sind die Ursachen für Vorhofflimmern?

Thomas Butz: Es gibt verschiedene Ursachen. Mit rund 60 Prozent ist der häufigste Auslöser Bluthochdruck. Vorhofflimmern kann aber auch die Folge einer Herzmuskelschwäche oder einer koronalen Herzerkrankung sein. Weitere mögliche Ursachen sind eine Schilddrüsenüberfunktion, Rheuma, Diabetes mellitus oder eine Alkoholsucht. Bei jüngeren Menschen kommt Vorhofflimmern eher selten vor. Im höheren Alter steigt das Risiko allerdings.

Was ist zu tun, wenn ich einen unregelmäßigen Puls feststelle?

Thomas Butz: Beim Verdacht auf ein Vorhofflimmern sollte man sich zunächst beim Hausarzt vorstellen, der dann entscheidet, ob eine Einweisung ins Krankenhaus notwendig ist. Für eine weiterführende Behandlung – und um der Entwicklung eines permanenten Vorhofflimmerns vorzubeugen – ist es wichtig, die Ursachen zu kennen. Nur nach der richtigen Diagnose kann beispielsweise eine Therapie zur Blutgerinnungshemmung erfolgen, mit der das Schlaganfallrisiko bei anhaltenden Herzrhythmusstörungen deutlich reduziert wird.

Wie behandeln Sie Vorhofflimmern im Krankenhaus?

Thomas Butz: Die Behandlung von Vorhofflimmern hat zwei Hauptziele. Neben der meist medikamentösen Vorbeugung eines Schlaganfalls muss der normale, regelmäßige Herzschlag wiederhergestellt werden. Auch dafür können Medikamente zum Einsatz kommen. Bleibt das Vorhofflimmern trotzdem bestehen, führen wir in unserer Klinik sogenannte elektrische Kardioversionen durch. Dieser schmerzfreie, nicht-invasive Eingriff erfolgt unter einer Kurznarkose, während der wir den Puls über ein EKG im Blick behalten. Bei der elektrischen Kardioversion wird der Herzschlag mithilfe elektrischer Impulse wieder in den normalen Rhythmus gebracht, man nennt das den Sinusrhythmus. In der Regel werden nach der Kardioversion Gerinnungshemmer eingesetzt, die Vorhofflimmern-bedingte Schlaganfälle effektiv verhindern können.

Wie sieht die Nachsorge aus?

Thomas Butz: Die Nachsorge richtet sich immer ganz individuell nach der jeweiligen Ursache der Herzrhythmusstörung und ihrer Dauer. Bei allen Untersuchungen und Eingriffen profitieren unsere Patienten aber von der hochmodernen Technik im Herzkatheterlabor des AMEOS Klinikums St. Clemens Oberhausen. Wir setzen auf sehr schonende Eingriffe wie die sogenannte Schlüssellochtechnik. Das ist eine sehr sichere Untersuchungs- und Behandlungsmethode mit einer sehr geringen Belastung. Eine Narkose ist dafür nicht erforderlich und Bettruhe muss hinterher zumeist auch nicht eingehalten werden. Zugleich sind die Behandlungsergebnisse sehr gut. Effizienter und schonender geht es heutzutage nicht.

Kann man Vorhofflimmern vorbeugen?

Thomas Butz: Man kann auf jeden Fall versuchen, Vorhofflimmern früh zu erkennen, um rechtzeitig die Ursachen zu behandeln. Das ist vor allem für am Herzen erkrankte und ältere Menschen wichtig. Gerade Ältere bemerken den unregelmäßigen Herzschlag selbst oft nicht, gehören zugleich aber zur Gruppe mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko. Ab 65 sollte man daher mehrmals täglich seinen Puls messen und den Blutdruck kontrollieren. Vor allem, wenn bereits eine Herz-Kreislauferkrankung vorliegt. Die Pulskontrolle geht heute sogar schon automatisch per Smartwatch.